(20.) Mein Schreiben an den Petitionsausschuss vom 16.03.2012


Hans-Joachim Schmidt
Richter am Landgericht i.R.
Berlin, am 16.3.2012

An
den Deutschen Bundestag
Petitionsausschuß
Az.: Pet3-17-04-2002-025289
Platz der Republik 1
11011 Berlin


Betreff: Meine Petition vom 03.05.2011


Sehr geehrte Damen und Herren!

In meiner Petitionssache gegen die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Frau Dr. Angela Merkel, Az.: Pet3-17-04-2002-025289,

erlaube ich mir aus gegebenem Anlaß, die Ausführungen in meiner Petition vom 03.05.2011 noch kurz zu ergänzen:

In einem Interview mit der Zeitung „Welt am Sonntag“ am 05.02.2012 hat der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Herr Ferdinand Kirchhof, auf die Frage, worauf es jetzt im Hinblick auf den gefährdeten Euro ankomme, u. a. folgendes geantwortet:

„... Wir dürfen nicht von Einzelproblem zu Einzelproblem hüpfen, sondern müssen jetzt in aller Besonnenheit die Gesamtkonzeption des Euro und der Union überdenken. Wir haben es nicht nur mit einem Volumen-, sondern auch mit einem Strukturproblem zu tun. Die Union muß ihre innere Organisation neu ordnen, das Verhältnis der Mitgliedsstaaten zu ihr trennschärfer bestimmen und vor allem demokratischer werden. Das Europäische Parlament muß gestärkt werden. Wir brauchen endlich direkte Demokratie in der EU, weil sie sich weit von ihrer Bevölkerung und ihren Heimatregionen entfernt hat. Je mehr die Integration vorangetrieben wird, desto wichtiger wird das. Sonst geht uns die Akzeptanz einer großen europäischen Idee und damit die Europäische Union selbst verloren.“

Auf die weitere Frage, ob eine Volksabstimmung über den Euro von Nutzen wäre, hat Herr Kirchhof dann erklärt:

„Direkte Demokratie ist dort angebracht, wo für die Unionsbürger grundlegende Entscheidungen getroffen werden sollen. Dazu zählen z.B. die Verträge und auch der Euro.“

Damit hat Herr Kirchhof in kurzen Worten genau das gesagt, was ich in meiner Kritischen Stellungnahme vom 28.2.2006 auf den Seiten 37 bis 40 und sodann in den an Frau Dr. Merkel in der Zeit vom 26.4.2006 bis zum 27.5.2009 mit der Bitte um Stellungnahme gerichteten elf Schreiben – wovon zehn Schreiben Erinnerungen waren – ausgeführt und begründet habe: Entgegen der bisherigen bedauerlichen Praxis sind in Deutschland in grundsätzlichen EU-Angelegenheiten endlich Volksabstimmungen erforderlich. Wenn Frau Dr. Merkel mir auf meine entsprechenden besorgten schriftlichen Bemühungen nicht mit einem einzigen Wort oder einem sonstigen Akt geantwortet hat und mich dadurch zu dieser Petition an den Deutschen Bundestag gezwungen hat, so müßte sie wenigstens dieser Hinweis des Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts in irgendeiner Weise anrühren mit dem Ergebnis, daß sie sich zu diesem allmählich ins Ungeheuerliche wachsenden Rechtsstaatsproblem alsbald einmal zu einer Äußerung hinreißen läßt – und sei es hier in diesem Petitionsverfahren auf eine – von mir erhoffte – Anregung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages hin. In einem weiteren Interview der Zeitung „Welt am Sonntag“ am 12.2.2012 hat auch der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer Ähnliches geäußert:

Volksabstimmungen über Grundfragen Europas seien ein guter Weg, die europäische Idee näher an die Bürger heranzubringen; dieses Instrument müsse deshalb im Grundgesetz verankert werden. Das Volk sei klug genug, auch über schwierige Fragen abzustimmen. Auch über die Rettung der europäischen Währung und insbesondere bei einer bestimmten Größenordnung von Bürgschaften für Schuldenstaaten solle künftig das Volk befragt werden.

Auch diesen Vorstoß ihres eigenen Koalitionspartners hat Frau Dr. Merkel bis jetzt unkommentiert gelassen und ein Regierungssprecher hat erklärt, daß man sich dazu nicht äußern wolle, siehe Zeitung „Der Tagesspiegel“ vom 13.2.2012, S. 6. Wenn Herr Seehofer hier meint, daß das Institut der Volksabstimmungen über Grundfragen Europas im Grundgesetz verankert werden müsse, so dürfte er allerdings übersehen haben, daß hier Entsprechendes bereits in der allgemeinen Bestimmung des Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG vorgesehen ist, so daß es einer Änderung oder einer Ergänzung des Grundgesetzes in dieser Hinsicht nicht bedarf, wie ich gleichfalls auf den Seiten 37 bis 40 meiner Kritischen Stellungnahme vom 28.2.2006 ausgeführt habe. ...
[Lesen Sie den vollständigen Wortlaut meines Schreibens an den Petitionsausschuss vom 16.3.2012 hier!]

Über die weitere Entwicklung des Vorganges werde ich Sie auf dem Laufenden halten.

Berlin, am 2.7.2012
Hans-Joachim Schmidt